Befreite Körper

 

Befreite Körper

Vom Einsatz innerer Bilder in der Körperarbeit
Eric N. Franklin, das Handbuch zur Imaginativen Bewegungspädagogik
314 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Fotos
VAK Verlags GmbH, 29,90 €

Dass die Kraft der Vorstellung, des Geistes, der Imagination nicht nur oft stärker ist als die Wirklichkeit selbst, sondern auch die Wirklichkeit verändern kann, ist längst nicht "Neues" mehr. Die Fähigkeit des Geistes zur Visualisierung und somit zu einer möglichen Veränderung wird in vielen Bereichen bereits therapeutisch eingesetzt. Die Bandbreite ist weit gefächert. In der Kinderkrebstherapie werden z.B. von den Kindern selbst die agressiven Krebszellen von imaginären Fußbällen "weggeschossen" oder von Tigern "aufgefressen". Alternative Therapieformen wie z.B. Qi Gong oder Alexandertechnik wären ohne die Fähigkeit und Möglichkeit zur Visualisierung nicht vorzustellen. Viele ShiatsuschülerInnen kennen bereits innere Übungen zur Verbesserung der Aufrichtung und der Haltung.

Nun liegt dies profunde Handbuch von Franklin endlich in deutscher Übersetzung vor. Eric Franklin, ein professioneller Tänzer, Choreograph, Diplomsportlehrer und "Tanzmediziner", kam durch eigene schmerzliche Erfahrungen mit Haltungsschäden und Rückenschmerzen zur "Methode" der Gedankenbilder. Er machte die Erfahrung, daß Visualisierungen ihn auf sanfte Weise zu einer erheblich verbesserten Körperhaltung halfen, zu einer dynamischeren Ausrichtung, die einen Einfluß auf seine ganze Persönlichkeit hatte.

In diesem Buch werden von ihm über dreihundert Übungen vorgestellt, die auf der Kraft der Vorstellung basieren. Das Buch enthält überaus treffende Zeichnungen zu den inneren Vorstellungsbildern, die oft auch sehr witzig gezeichnet sind. Es werden da die Wirbelkörper von kleinen Männchen geputzt und mit Bürsten geschruppt, die Bandscheiben dehnen sich aus zu lustigen Hefegesichtern, die die Wirbel mehr und mehr auseinanderschieben, die Rippen werden zu Dampfschiffen, die vom Brustbein wegtreiben. Das Steißbein wächst zu einem Schwanz eines Dinosauriers und erscheint als stabile Stütze auf dem Boden, das Becken verwandelt sich in eine mächtige, obstgefüllte Schale und die Mittelfußknochen sind wie Flöße, die wie Baumstämme auseinanderdriften. Fast immer geht es dabei um Raum schaffen, Weite erfahren, Loslassen.

Für jeden Körperteil gibt es mehrere Übungsangebote. Ein klarer Aufbau macht das Buch wirklich zu einem `Handbuch´ im Sinne von einen Nachschlagewerk. Wer mehr wissen möchte, findet auch viel Informationen über Anatomie und Haltungsmodelle, Gesetzte der Schwerkraft und der Masse, der Bewegung und der Kraft. Und das alles sehr anschaulich und spannend geschrieben. Dieses Buch ist dabei nicht nur an den professionellen Tänzer gerichtet, sondern ebenso an alle anderen Menschen, die sich aktiv oder passiv mit Körperarbeit beschäftigen.

Ulrike Schmidt